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Israel aus erster Hand

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Geheimbesuch: Botschafter Shimon Stein zu Gast im Geschwister-Scholl-Gymnasium

KINDERHAUS • Plötzlich geht alles ganz schnell: Mehrere schwere schwarze Limousinen fahren so unauffällig wie imposant vor das Schulgebäude. Ein ebenso schwerer, schwarz bebrillter wie gekleideter Mann steigt aus, schaut sich um. Dann öffnen sich fast gleichzeitig die anderen Wagentüren. Er ist da. Der Botschafter des Staates Israel - Shimon Stein (59) - ist zu Gast. Zu Gast in Kinderhaus, zu Gast in der Reihe „zu Gast bei uns". Und das erfordert ein gewisses Maß an Sicherheitsvorkehrungen. Kripo-Beamte haben den Musikraum - hier treten gleich Schüler und Stein zusammen - bereits auf- und abgesucht. Bodyguards flankieren die prominente Persönlichkeit so unauffällig wie imposant.
„Traurig, dass es so weit kommen muss", sagt Nachbar Herbert Holtrup. Der Israelkenner hatte den Besuch vermittelt, wie schon häufiger die Schule in ihrer geschichtslebendigen Projektreihe unterstützt.
Und die dankt es ihm. Mit politisch interessierten und vor allem niveauvollen Fragen. Stein stellt sich zunächst vor, sein Anliegen, seine Ausrichtung, seine Hoffnungen aber auch seine Erwartungen. Dass er sich heute/für die Scholl-Schüler eineinhalb Stunden freigenommen hat, ist nicht nur für sie etwas ganz besonderes. Später wird Stein sagen, dass es auch für ihn ein sehr intensiver und selten erlebter Austausch war.
Beeindruckend
Dass dies nicht nur eine Floskel ist, beweist Stein im Verlauf des Gesprächs immer wieder. Auf die ehrlichen Fragen der bestens eingestellten Schüler gibt er Antworten. Auch unbequeme - oder zumindest unerwartet ehrliche. Stein ist emotional, unterbricht auch mal. Als unhöflich wird dies aber nicht empfunden. Im Gegenteil. „Was für eine Persönlichkeit", flüstern die Schüler tief beeindruckt. Stein wirkt nicht politisch. Stein wirkt so, wie es seine Berufsbezeichnung besagt: Stein ist Botschafter seines Landes.
Er spricht offen über seine Meinung zu Heiligendamm („Man fragt sich dort ja schon, wer dafür und wer dagegen ist"), über den Ein-
marsch Israels in den Libanon („Militärische Maßnahmen, um die Bürger gegen den Terror zu schützen"), über Massenvernichtungswaffen („Mit Vertrauen fängt alles an - erst wenn das Vertrauen unter Nachbarn hergestellt ist, werden Zäune abgebaut, so ist das auch bei Staaten") und über die Rolle Deutschlands („Wenn die Parteien untereinander keine Lösung finden, ist auch Druck von außen nur von kurzfristigem Erfolg.")
Stein hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Und so ernst er die Diskussion führte, so freundlich und nett verabschiedet er sich von den Schülern, trägt sich ins Buch der Schule ein.
Männer in Schwarz ringsum führen ihn zum Auto. Stein winkt noch einmal hoch zu den jüngeren Schülern am Fenster, schließt die Tür, fährt ab. Mit polizeilichem Geleitschutz. Traurig, dass es soweit kommen muss. Aber wie gut, dass er kam. • Die Reihe „Zu Gast bei uns" läuft seit 1996 im Scholl-Gymnasium. Ignatz Bubis war 1996 erster Besuch.
(Marc Geschonke, MZ 7.6.2007)

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